Der allseits bekannte E5 von Oberstdorf nach Meran zählt mittlerweile sicherlich zu den am häufigsten begangenen Fernwanderwegen der Alpen, aber ich weiß auch von Bekannten, die diesen Weg gegangen sind, dass hier der Kommerz immer größeren Einzug hält.
Mit meinen beiden Kollegen entschied ich mich stattdessen, auf einem anderen Weg den Alpenhauptkamm zu überqueren.
Wir starteten in Mittenwald/Scharnitz und stiegen zunächst zum Karwendelhaus auf. Leider gibt es nur den Fahrweg bis zur Hütte und die Karwendeltäler sind für ihre gefühlt endlose Länge bekannt. Dann ist selbst der 5-stündige Aufstieg über einen Fahrweg anstrengend. Das Karwendelhaus im Naturpark Karwendel war am Abend restlos überfüllt. Im Gastraum musste der Hüttenwirt noch Zusatztische aufstellen, damit alle Gäste wie die Ölsardinen gequetscht einen Platz zum Essen hatten – egal, wir hatten uns in ein Zimmer eingenistet und deshalb unseren gemütlichen Schlafplatz sicher.
Am nächsten Tag wanderten wir weiter über das Ende des Johannestals mit dem kleinen Ahornboden bis zur Falkenhütte. Diese ist an alter Stelle neu gebaut worden und bietet allen Komfort, der jedoch auch seinen Preis hat. Der Neubau muss halt finanziert werden, trotzdem war auch diese Hütte ausgebucht.
Die Falkenhütte liegt in aussichtsreicher Lage vor den Laliderer Wänden und man bekommt einen ungefähren Eindruck von der Leistung der Felskletterer, die sich in diese senkrechten Wände wagen. Die Hütte dient aber auch den vielen Mountainbikern als Stützpunkt, die das nördliche Karwendel von Ost nach West oder umgekehrt durchqueren möchten. Am Nachmittag bestiegen wir noch den Mahnkopf – den unschwierigen Hausberg der Falkenhütte.
Nach einer guten Hüttennacht und Frühstück gingen wir bei Traumwetter weiter zur Lamsenjochhütte. Der Weg führte uns zunächst eben unter den Felsabstürzen der Laliderer Wände bis zum Hohljoch, anschließend ging es abwärts in die Eng – einem großen Almgebiet im Großen Ahornboden. Hier sind unzählige, teilweise über 1000 Jahre alte Ahornbäume zu sehen. Über die privat geführte Binsalm mit Mittagspause stiegen wir gemütlich weiter zur Lamsenjochhütte auf 1.953 m empor.
Am kommenden Morgen stiegen wir ins Inntal Richtung Schwaz hinab, nahmen dort ein Taxi bis zum Lager Walchen, einem Stützpunkt der österreichischen Armee im Wattental der Tuxer Alpen. Der anschließende Aufstieg zur Lizumer Hütte über den Zirbenweg ist einfach nur traumhaft schön, lediglich die angekündigten Schießübungen des Militärs im Hintergrund war ein komischer Begleiter. Die Hütte liegt gemeinsam mit einer Bergkaserne auf 2.019 m. Das Pächterpaar mitsamt Team gehört zu den besten Erfahrungen auf einer Hütte, die ich in den letzten Jahrzehnten gemacht habe – Riesenkompliment!
An unserem nächsten Tag wanderten wir über den Inntaler Höhenweg mit einem kurzen Abstecher auf die Hippoldspitze (2.642 m) und anschließendem steilen Abstieg über die Grafennsalm zur Weidener Hütte. Unfassbar…..auch diese Hütte genauso wie alles anderen vorher war komplett belegt.
Der weitere Übergang in Richung Alpenhauptkamm führte uns mit einer Zwischenübernachtung nach Mayrhofen. Dazu stiegen wir zunächst bis zum Geisljoch auf, anschließend über die Geislalm nach Vorderlanersbach im Tuxertal ab und von dort fuhren wir mit dem Postbus nach Mayrhofen. Wir übernachteten im sogenannten „Cityhouse“, einem kleinen, aber empfehlenswerten Hostel mitten im Ort. Mittlerweile hatte sich das Wetter geändert und die ersten Regen- und Gewitterschauer hatten die Wolken ins Tal gebracht.
So wurde der nächste Morgen mit Spannung erwartet und die Busfahrt bis zum Schlegeisspeicher zeigte uns, dass unsere Regenkleidung doch angelegt werden sollte. Also bereits im Bus die Regenhose und Jacke an, um dann am Stausee angekommen doch alles wieder ausziehen zu können. Blauer Himmel war zu sehen und keine dunklen Wolken mehr. Also wanderten wir mit guter Laune in Richtung Pfitscherjochhaus. Vorher kehrten wir noch bei der kleinen Lavitzalm ein und genossen Apfelstrudel und Heuschnaps. Wir gingen jedoch rechtzeitig weiter und kamen nach 3,5 Stunden Gehzeit am Pfitscherjochhaus an. Die Hütte liegt bereits auf Südtiroler Gebiet und wir waren froh, dass die Almpause nicht zu lange war. Nach 20 Minuten auf der Hütte gab es Wolkenbrüche ohne Ende, aber das war uns jetzt egal. Wir starteten mit dem gemütlichen Teil unseres letzten Abends. Insbesondere der selbst gebrannte Enzian des Hüttenwirts trug dazu bei….
Am Folgetag konnten wir erkennen, dass die umliegenden Berge wie Hochzeiger, etc. oben mit Neuschnee angezuckert worden waren. Wir gingen jedoch bergab nach St. Jakob im Pfitschtal und fuhren mit Bus und Bahn zurück nach Scharnitz zu unserem Auto.
Alpenüberquerung etwas anders, aber bestimmt genauso schön. Alle Hütten waren ausgebucht, wir haben viele Gleichgesinnte kennengelernt und mit ihnen gelacht, erzählt und sind teilweise sogar gemeinsam weitergewandert. Wir waren aber auch an einigen Stellen fast alleine unterwegs und konnten so die Ruhe und Natur genießen. Ein Dankeschön an meine beiden Kollegen Holger und Andreas für die schöne Woche!
Bericht und Fotos: Tilo Kopp, Tourenleiter/Fachübungsleiter Bergsteigen
