Tourenbericht: Hüttentour im Toten Gebirge 2024

Vor ein paar Jahren war ich mit der Familiengruppe der Sektion im westlichen Teil des Toten Gebirges unterwegs. Wir starteten mit der Gruppe von Altaussee und besuchten mehrere Hütten in der Woche, die aber leider von Regen und Schnee geprägt war. Mein damals  7-jähriger Sohn war von der Kulisse des Schermberg (nach der Watzmann-Ostwand die zweithöchste Felswand der Ostalpen) so sehr beeindruckt, dass er mich fragte: „Papa, kann man da auch rauf?“

Ich teilte ihm mit, dass das nicht so einfach wäre und vertröstete ihn damit, dass er erst noch größer werden müsse und wir dann auch ein Seil mitnehmen müssten.

In diesem Sommer – Daniel ist nun 15 – löste ich mein Versprechen ein und wir beschlossen, den Schermberg im Rahmen einer Hüttentour mit zu besteigen. Da wir den westlichen Teil des Toten Gebirges bereits kannten, wollten wir nun die östliche Hälfte genauer unter die Lupe nehmen. Auf den Schermberg führt der Tassilo-Klettersteig, mit ein paar „D-Stellen“ auch nicht zu unterschätzen. Deshalb wollten wir uns zu Beginn der Hüttentour mit ein paar einfacheren Klettersteigen akklimatisieren. Wir stiegen von Hinterstoder zur Wurzeralm auf. Da wir die Nacht durchgefahren waren, wählten wir hier die Standseilbahn als Aufstiegshilfe; das Ticket war in der Hüttenübernachtung inkludiert. An der Wurzeralm, einem weitläufigen Almplateau, spazierten wir am Nachmittag umher und genossen das herrliche Wetter. Von der Hüttenterrasse konnten wir einen Teil des Wegen vom Folgetag bereits erkennen. Wir wollten über den Südostgrat (Klettersteig Kat. B) auf den Warscheneckgipfel und von dort zur Zeller Hütte weitergehen. Aufgrund des feuchten Wetters riet uns der Hüttenwirt vom Klettersteig ab, da der Fels dort ziemlich abgespeckt sei. Stattdessen wählten wir den Normalweg über die Rote Wand und den anschließenden Ostgrat auf den Warscheneck. Der doch recht felsige Weg war genauso aussichtsreich und gut zu gehen, und nach 6,5 h Gehzeit kamen wir dann auf der Zeller Hütte an. Morgens darauf stiegen wir nach Vorderstoder ab und nahmen den Postbus für ein kleines Stück nach Hinterstoder, bevor wir dann durch Nebel zum Prielschutzhaus aufstiegen – es sollte der letzte Nebel dieser Woche sein. Das Prielschutzhaus liegt südöstlich des Großen Priel, welcher der höchste Gipfel des Toten Gebirges ist. Auf ihn führt der längste Klettersteig der Ostalpen, der nur absolut konditionsstarken und erfahrenen Klettersteiggehern vorbehalten ist. Unser Ziel war es, nach der Besteigung der Spitzmauer über den Stodertaler Klettersteig und einer erneuten Übernachtung auf dem Prielschutzhaus den Großen Priel auf dem Normalweg zu besteigen.

Der Weg auf die Spitzmauer führt zunächst nach Westen auf dem Fernwanderweg in die Klinserschlucht und zweigt dann nach Süden durch einen Geröllhang zum Beginn des Stodertaler-Klettersteigs (Kat B/C) – zum Einklettern mit etwa 45 Minuten genau richtig. Oben im Joch zwischen Weitgrubenkopf und Spitzmauer angekommen geht es danach recht brüchig durch die Westflanke und schließlich am Gipfelgrat zum 2442 m hohen Gipfel der Spitzmauer. Von dort haben wir einen fantastischen Fernblick über das gesamte Tote Gebirge bis hin zum Dachsteinmassiv. Den Abstieg wählen wir nicht über den Klettersteig, sondern umsteigen den Weitgrubenkopf im Uhrzeigersinn, bis wir wieder in der Klinserschlucht angekommen sind. Der Weg ist nicht zu unterschätzen, aufgrund der vielen scharfkantigen Rinnen und Löcher, die das Wasser über zig Jahre in den Fels gefressen hat. Ein typisches Karstgelände mit all seinen Tücken…. . Wieder auf dem Prielschutzhaus angekommen können wir unser Tageswerk von der Sonnenterrasse bewundern.

Am nächsten Tag, in brütenter Hitze, kämpfen wir uns durch das Kühkar hinauf zur Brotfallscharte. Von dort geht es immer am doch recht breiten Grat in Richtung Großer Priel. Der höchste Gipfel ist erreicht, aber wir können aufgrund der Gewittergefahr nicht lange bleiben. Uns bleiben noch zwei Stunden durch Geröll und Fels bis zur Welser Hütte, am Fuß des bereits genannten Schermbergs. Das Gewitter kommt nachmittags noch nicht durch, erst am Abend blitzt und donnert es etwas. Unser Hüttenwirt empfiehlt uns, den Aufstieg auf den Schermberg am darauffolgenden Tag über den Tassilo-Klettersteig in aller Frühe zu unternehmen, da es bereits am späteren Vormittag wieder gewittern soll. Wir folgen seinem Rat und gehen bereits um 07.30 Uhr los. In etwa 20 Minuten sind wir am Einstieg, legen das Geschirr an und los geht’s: Luftig, immer am Grat entlang, über Stifte und Klammern mit Tiefblicken zu beiden Seiten zunächst auf das Almtaler Köpfl und später in gleicher Art und Weise auf den Gipfel des Schermbergs. Der Weg ist bestens gesichert und äußerst lohnend. Auf dem Gipfel können wir das Karstplateau des Toten Gebirges von Osten bis Westen bewundern, wir sehen alle Highlights der vergangenen Tage und freuen uns, dass von einem Gewitter weit und breit nichts zu sehen ist. Unser Wochenziel ist erreicht und wir steigen auf dem Normalweg ab in Richtung Westen. Der direkte Abstieg ist noch mit steilen Altschneefeldern zu gefährlich, aber die weitläufigere Variante zunächst am Westgrat entlang zeigt sich als landschaftlich beeindruckende Möglichkeit. Später gehen wir auf dem Weitwanderweg nach Westen zur Pühringer Hütte. Diese kannten wir bereits als Endziel der Hüttentour mit der Familiengruppe vor 8 Jahren. Das Gelände ab hier ist nicht mehr rein felsiges Karstgelände, sondern von üppiger grüner Vegetation durchzogen. Die vielen kleinen Löcher, Rinnen und Höhlen gibt es trotzdem noch, so dass die Wanderer den markierten Weg nicht verlassen sollen. Die Gefahr, dass man in so einem Loch verschwindet, ist immer gegeben; deshalb gibt es überall Warntafeln. 

Unser Hüttentour ist nun zu Ende. Nach einem erfrischenden Bad im Elmsee geht es am nächsten Morgen wieder zurück ins Tal, nach Gössl am Grundlsee. Wir nehmen dort den Postbus und fahren zum Campingplatz Birkenstrand am Wolfgangsee, um dort ein paar Tage bei bestem Wetter am See zu entspannen.

Fazit der Tour: Ausgebuchte gut geführte Hütten, spannende Gipfelanstiege und eine gute Vater-Sohn-Zeit haben die Tour zu einem tollen Erlebnis gemacht. Die Tour kann auch unter https://www.alpenvereinaktiv.com/s/3vqZEO angesehen werden.

Bericht: Tilo Kopp
Fachübungsleiter Bergsteigen DAV Krefeld

Archive