Am Freitag 01.08.25 reisten wir mit dem Auto ins Kaunertal und stellten unser Fahrzeug am Gepatschhaus ab. Hier sollten wir ein paar Tage später ankommen und wir entschieden uns, die Gletscherausrüstung zunächst im Fahrzeug zu lassen.
Kurz nach Mittag fuhren mit wir dem Postbus zurück nach Feichten und begannen dort im Regen den Aufstieg zur Verpeilhütte, die wir nach knapp 3 Stunden erreichten. Zu empfehlen ist auf jeden Fall der Fußweg durch den Wald und nicht der ebenfalls ausgeschilderte Fahrweg. Die Hütte selbst liegt im Schönbödele, einem Talkessel auf 2.015 m üNN.
Tags darauf ging es im Regen weiter zur Kaunergrathütte (2.810 m hoch). Wir nahmen den Weg über das apere Madatschjoch, welches bis auf 3.030 m führt. Der Regen wechselte ab 2750 HM in Schnee und so war der Übergang einer Winterbegehung ähnlich. Alles weiß, keine Markierungen und kein Weg mehr zu sehen und technisch anspruchsvoll – wir waren froh, als wir endlich die Kaunergrathütte sahen und diese erreichten. Der Schneefall nahm im Laufe des Abends noch zu und am nächsten Tag waren die umliegenden 3000er ordentlich mit Schnee angezuckert.
Der Übergang zum Taschachhaus über den Fuldaer Höhenweg war aufgrund von Steinschlag gesperrt und aufgrund der Nässe war die neu angelegte Variante nicht zu empfehlen. So stiegen wir ins Pitztal ab und nahmen den Bus bis zum Talende, wo schließlich unschwierig der Weg zum Taschachhaus begann. Das Taschachhaus selbst ist das absolute Gegenteil der Kaunergrathütte – war diese noch klein und beschaulich eine richtige Bergsteigerunterkunft, so ähnelt das Taschachhaus mittlerweile eher einer riesigen Herberge mit Massen an Gästen. Ausbildungskurse von verschiedenen Sektionen, selbst Studentenkurse der Sporthochschule Köln in einer Prüfungswoche waren hier zu Gast.
Vom Taschachhaus ging es am nächsten Tag zurück zum Auto am Gepatschhaus. Die urspünglich geplante Variante über das Ölgrubenjoch (3.044 m hoch) mit anschließenden steilem Abstieg bis zum 1905 m hoch gelegenen Gepatschhaus haben wir aufgrund der Verhältnisse am Joch nicht durchgeführt. Dafür war die Schneelage aufgrund der Kaltfront von vor 2 Tagen nicht abzuschätzen. Wir entschieden uns für die sichere Variante mit ÖPNV über Imst/Landeck und kamen rechtzeitig nachmittags am Gepatschhaus an, so dass noch Zeit für „Spaltenbergungsübungen“ blieb. Schließlich sollten die nächsten 3 Tage mit Gletscherberührung sein und nicht alle von uns hatten bereits Gletschererfahrung. Für den Ernstfall kann aber nicht oft genug geübt werden……
Wir begannen am Folgetag mit dem Aufstieg durch den Fernergarten und das Wannel zur Rauhekopfhütte auf 2800 m. Dazu muss die Gletscherzunge des Gepatschferners gequert werden. Der untere Teil von Tirols längstem Gletscher war blank und jede Spalte und jedes Loch gut sichtbar – ausgezeichnet für eine Wiederholung der Steigeisentechnik und für das Begehen von Gletschern. Unterhalt des riesigen Gletscherbruchs querten wir zur Seite und stiegen anschließend auf gutem Weg zur Rauhekopfhütte auf. Diese wird von ehrenamtlichen Hüttenwirten der Sektion Frankfurt bewirtet. Wir hatten das Vergnügen, vom Frankfurter Hüttenverantwortlichen Stefan, seinem Kumpel und den beiden Söhnen bewirtet zu werden. Wir können die Hütte und den Flair nur jedem empfehlen, die Lage der Hütte sucht ihresgleichen. Allerdings ist für den Aufstieg dringend Gletschererfahrung und sicheres Begehen von Gletschern notwendig.
Unser Tourenhighlight sollte die Besteigung der Weißseespitze auf der Grenze zu Südtirol sein. Der 3.510 m hohe Gipfel führt fast ausschließlich über das riesige Plateau des Gepatschferners. Die Schneeauflage war sehr weich, also stand uns ein mühsamer Anstieg mit Einsinken, Wegrutschen und Steckenbleiben bevor. Wir erreichten den Gipfel nach 4,5 Stunden, aber wir hatten einen „Sahnetag“ erwischt. Bestes Wetter mit toller Aussicht zu allen Seiten war die Belohnung. Nach dem Abstieg belohnten wir uns mit Bier, Kaffee und selbst gemachten Buchteln von unserem Hüttenteam.
Der Schlusstag diente lediglich dem Abstieg mit abschließender Übernachtung im Gepatschhaus bei erneutem Traumwetter. Da wir noch genügend Zeit hatten, haben wir auf der aperen Gletscherzunge des Gepatschferners die Spaltenbergung praktisch geübt – es gab ja genügend Spalten und Löcher, um jedes Gruppenmitglied einmal dort reinzulassen und wieder rauszuholen. Am Abend ließen wir die gesamte Tour noch einmal Revue passieren und waren alle froh, dass wir am kommenden Morgen gesund und glücklich über das Erreichte zurück nach Hause fahren konnten.
Text: Tilo Kopp, Tourenleiter/Fachübungsleiter Bergsteigen
