Neuer Tourenbericht: „Tanz auf dem Vulkan“ – Eine geologische Wanderung durch das Siebengebirge


Am 20.9.2020 begaben sich unter der sachkundigen Führung unseres Mitglieds Jörn Bittner (Geologischer Dienst NRW) 20 geologisch interessierte Wanderer auf einen sportlich und geologisch höchst abwechslungsreichen Rundweg durch das Siebengebirge. 

Nach kurzer Vorstellung am Treffpunkt in Königswinter, erhielten wir eine allgemeine Einführung in den Vulkanismus und die Entstehung von Gebirgen: die Auffaltung des Rheinischen Schiefergebirges, die Entstehung der Alpen, des Oberrheingrabens und das Absinken der Niederrheinischen Bucht. Die Bildung von Magmen in Magmakammern und das Aufsteigen von Magmen über Bruchzonen wurde ebenso anschaulich vorgestellt, wie der durch explosive Eruption entstandene Trachyttuff, welcher als mächtige Schicht das Siebengebirge bedeckt. Die Gruppe begab sich schnellen Schrittes zum ersten Exkursionspunkt: die Chorruine des Klosters Heisterbach.

Am Kloster wurden die Teilnehmer bei den dort ausgestellten Bausteinen aus Latit auf die Besonderheit der Hornblende als Einsprengling aufmerksam gemacht. Das Gestein Latit mit diesen Einsprenglingen stammte vom benachbarten Stenzelberg, welcher später noch erwandert wurde. Von der 1237 eingeweihten Klosterkirche steht heute nur noch die Chorruine. An der Ruine wurde die Verwendung der unterschiedlichen Gesteinsarten des Siebengebirges als Baumaterial erläutert: Die Säulen sind aus Latit vom Stenzelberg erbaut, das Gewölbe ist aus leichtem Trachtyttuff und das Mauerwerk aus Latit und Basalt.

 

 

Nach den ausführlichen Erläuterungen gingen wir auf schmalem Pfad weiter zum Basaltsteinbruch Weilberg. Bis 1942 wurden hier Basaltsteine ausgebrochen, diese Steine fanden Verwendung für Grundmauern, zur Sicherung des Rheinufers bis hin zum Küstenschutz in den Niederlanden. Durch die Abtragung deckender Schichten sowie durch die Freilegung der unterschiedlichen Basaltstrukturen entstand am Weilberg ein „geologisches Fenster“. Tieferliegende Schichten wurden sichtbar und ein Einblick in das „innere“ eines Vulkans möglich.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach den umfangreichen Erklärungen zur Entstehung und Verwendung von Basaltgestein am Weilberg machten wir uns zu den Latitsteinbrüchen am Stenzelberg auf. Der Weg in den Steinbruch am Stenzelberg führte durch einen schluchtartigen Einschnitt, dabei war Trittsicherheit erforderlich. Innerhalb des Steinbruchs wurden die Teilnehmer anhand der dort vorhandenen Latitsteine auf die Hornblende als markanter schwarzer Einsprengling aufmerksam gemacht und über die Verwendung dieser Steine, z.B. für den Kirchenbau in der Umgebung, hingewiesen. Nach kurzem steilem Anstieg auf den Stenzelberg wurde dieser umwandert und die Besonderheit, der dort verbliebenen „Umläufer“, deren Gestein nicht abgebaut wurde, da es nicht verwertbar war, wurde allen veranschaulicht. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach so viel geologischen Erkenntnissen machten wir Mittagpause am Stenzelberg und genossen die Aussicht in das Rheintal. Vom Stenzelberg aus wanderten wir unterhalb des Petersbergs hinüber Richtung Drachenfels.

 

Dabei kamen wir an einer Vielzahl von Ofenkaulen vorbei. An einer dieser Kaulen (= Grube) wurde die Entstehung von „Ofenkaulentuff“ – ein feuerfester Stein - erläutert, welcher im großen Stil als Backofenstein Verwendung fand und daher den Namen „Ofenkaule“ geprägt hat. Auch wurde auf die Nutzung dieser Gruben im 2. Weltkrieg als Produktionsstätten für die Industrie aber auch später als Schutzunterkünfte für die Bevölkerung hingewiesen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Der weitere Weg in Richtung Drachenfels führte an der Wolkenburg vorbei und ließ bei dem schönen Wetter schon erahnen, dass sich dort „Menschmassen“ befanden. Wir gingen nach kurzem Ausblick auf Rhöndorf und den Rhein abwärts bis zur Gedenktafel des Geologie-Professors Hans Cloos. Dort wurde den Teilnehmern dann erläutert, dass der Drachenfels im Gegensatz zum Stenzelberg und zur Wolkenburg aus Trachytmagma und nicht aus Latitmagma entstanden ist.

Als Besonderheit galt hier der Einschluss von Sanidin-Kristallen im Trachytgestein des Drachenfels. Der Professor Hans Cloos hat die Sanidin-Kristalle am Drachenfels genauestens untersucht und dabei entdeckt, dass der ursprüngliche Gipfel des Drachenfels 80 Höhenmeter höher lag. Über Millionen von Jahren wurde das Gestein jedoch durch Erosion und Verwitterung freigelegt und abgetragen. Der Trachyt des Drachenfels wurde bereits von den Römern als Baustein für militärische Gebäude, Denkmäler, Altäre und Weihsteine zu Ehren römischer Gottheiten verwendet. Viele Kirchen am Nieder- und Mitterhein – das bekannteste Bauwerk ist der Kölner Dom – wurden mit Trachytsteinen vom Drachenfels erbaut.

Auch die „Sanierungsarbeiten“ am Drachenfels, nach schweren Felsstürzen Ende der 60er Jahre, zur Sicherung des Aufstiegs, bis hin zu den jüngsten Sicherungen mit Messeinrichtungen des Geologischen Dienstes NRW fanden reges Interesse. Sei es die Zahl der Stahlanker, Felsnägel und Betonbalken, Spritzbeton, welche das „Korsett“ des Drachenfels bilden. Die Messeinrichtungen des Geologischen Dienstes NRW - welche bei steigender Krafteinwirkung Alarm melden und eventuelle Reaktionen erforderlich machen – wurden der Gruppe lebhaft vermittelt.

Über den Eselssteig und dann aber durch das Nachtigallental mit kurzem Stopp am Heinrich von Dechen Gedenkstein, welcher umrahmt ist mit allen Gesteinsarten des Siebengebirges, ging unsere Wanderung zurück zum Ausgangspunkt. Dabei wurden 16,4 km und 478 Höhenmeter in sportlichen 5 Stunden und 8 Minuten (Gehzeit) mit viel geologischem Input zurückgelegt.

Mit großem Applaus und der Bitte, bald wieder eine so schöne geologische Wanderung anzubieten, verabschiedete sich die Wandergruppe von Jörn Bittner.

 

Text: Renate Harpeng
Fotos: Klemens Dieker und Renate Harpeng

 

 

 

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