Insel der Kontraste - Wanderungen auf Korsika


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Sie hat die Kühnheit ungezähmter Natur, die sanfte Lieblichkeit malerischer Buchten und die berauschenden Düfte der Macchia:


Korsika, "Kalliste", die Schönste!

Korsika entspricht so gar nicht den Vorstellungen, die man sich von einer Mittelmeerinsel macht. Tatsächlich ist keine andere Mittelmeerinsel so grün wie Korsika. Mit über 2000 Pflanzenarten bietet Korsika eine verblüffende Farbenvielfalt. Sie ist die gebirgigste Insel des Mittelmeeres, die mehr als hundert Gipfel über 2000 Meter zählt. Kristallklares Wasser, weite feine Sandstrände, kleine einsame Buchten und wilde Klippen: Korsika besitzt eine am Mittelmeer einzigartige Vielfalt der Küstenlandschaft.

24. April 2003 - Bonjour Corse 
12 Sektionsmitglieder unter der Leitung von Helmut Stark reisen zum Wandern auf diese Insel.
Noch pünktlich am Morgen (Taxifahrer hatte verschlafen) erreichten wir unseren Flieger in Düsseldorf. Für Hildegard ist es ein "Jungfernflug"! Den hat sie aber gut überstanden; nur ihr Taschenmesser wurde bei der Sicherheitskontrolle konfisziert. Via Lyon erreichten wir Calvi. Mit den 3 bereitgestellten Mietautos fahren wir quer über die Insel Richtung Bastia. In Lucciana suchen wir vergeblich unser Hotel. Ein freundlicher Korse fährt mit seinem Auto voran und bringt uns zum Ziel.
Die Zimmer werden bezogen und das Abendessen vorausbestellt. Vorher jedoch fahren wir nach Bastia. Hier Einkauf, Stadt- und Hafenbesichtigung. In einer Bar am Seglerhafen genießen wir auf der Terrasse Bière pression. Eine Individualistin geht uns auf dem Rückweg verloren. Da die "verlorene Tochter" weder Geld noch Papiere bei sich hat, schwärmt ein Suchkommando aus. Nach intensiver Suche kann die Gruppe wieder vollständig zum Hotel zurück fahren. Bettruhe nach dem Abendessen.

25. April - Rundfahrt Cap Corse
Die traditionsreichen Kulturlandschaften im Norden der Insel zählten einst zu den wohlhabendsten Gebieten Korsikas. Noch immer aber wandern viele junge Familien zum französischem Festland oder in die Touristenzentren an der Küste ab. Das Cap Corse ist ein besonders eindringliches Beispiel. Macchia-überwucherte Gartenterrassen, verfallene Kirchen und Häuser prägen hier häufig das Landschaftsbild. Und doch lohnt sich ein Besuch des Nordzipfels Korsikas mit seinen malerischen Dörfern.
Obwohl das Cap nur 40 km ins Meer ragt und an der breitesten Stelle 14 km misst, veranschlagen wir einen ganzen Tag. Auf der D82 erreichen wir das malerische Städtchen St. Florent. Die Rundreise starten wir von hier aus, weil man immer die bergseitige Fahrbahn benutzt. Auf den engen Straßen und bei Gegenverkehr, besonders bei Bussen, ist dies sehr beruhigend. Die D80 ist eine kurvenreichen Küstenstraße, der wir zunächst nach Norden folgen. Hier gibt es schöne Aussichtspunkte. Hin und wieder halten wir an, um den herrlichen Blick auf die Bucht von St. Florent zu genießen. Im Dorf Nonza machen wir unseren ersten längeren Stopp. Durch enge Gassen, gesäumt von Natursteinhäusern, erreichen wir den Wachturm. Hoch über Dorf und Küste lädt dieser Platz zum Schauen und Verweilen ein.
Unsere Fahrt geht weiter Richtung Norden. Im kleinen Dorf Pino kaufen wir uns eine "Brotzeit" und lassen uns auf dem Dorfplatz Baguette und Schafskäse munden. Wo sich die Küstenstraße zur Ostküste wendet, benutzen wir ein "kleines Sträßchen", um zum nördlichsten Zipfel Korsikas zu gelangen. Ohne Gegenverkehr erreichen wir das verschlafene Fischerdorf Barcaggio. Nach kurzem Aufenthalt fahren wir weiter an der Ostküste nach Süden. In Macinaggio fällt eine geplante Wanderung zur Kapelle Santa Maria wegen Zeitmangel aus. Statt dessen lassen wir uns in dem malerischen Dorf Erbalunga dicht am Hafen Kaffee und Capuccino schmecken. 
Bei der Weiterfahrt kündigt reger Autoverkehr die Nähe der Hafenstadt Bastia an. Trotz kleinerer Staus können wir vor dem Abendessen noch auf der Terrasse der Hoteldependance mit "Pietra und Kronenbourg" (nun auch die Autolenker) unsere Cap-Corse-Tour beenden.

26. April - Küstenwanderung zum Leuchtturm Punta Mortella
Auf der Fahrt zum Ausgangspunkt unserer Tour machen wir einen Abstecher nach Murato zu der im 12. Jh. aus schwarzen und weißen Natursteinen erbauten Pisanerkirche San Michele. Weiterfahrt über Sto.-Pietro-di-Tenda (noch eine Kirche und prähistorische Steine) nach St. Florent. 
Entlang des Badestrandes beginnt unsere Wanderung. Zunächst laufen wir auf einem Schotterweg durch eingezäunte Grundstücke und erreichen nach einer Stunde die Küste. Die Sonne meint es gut mit uns und an den schönen kleinen Badebuchten haben sich schon die ersten Gäste am Sandstrand niedergelassen. Nach einer weiteren Stunde finden wir direkt am blau und grün schimmernden Wasser des Mittelmeeres auf flachen Felsplatten die rechte Stelle für unser Mittagspicknick. Für Marianne und Ingrid haben wir auf der Hotelterrasse schon das Geburtstagsständchen gesungen. Nun werden uns zur Feier des Tages von den Geburtstagskindern Rotwein, Mineralwasser, Baguette, Käse und korsische Wurst kredenzt.
Der Weiterweg zum Leuchtturm empfinden wir mühsam; Sonne und Rotwein machen uns "gehfaul". Aber am Leuchtturm angekommen, sind wieder die Lebensgeister erwacht und nach einer kurzen Verschnaufpause geht es im Rekordtempo zurück nach St. Florent.
Unsere Flüssigkeitsvorräte sind erschöpft und so lassen wir uns in Hafennähe nieder und genießen mit kühlem Bier, Mineralwasser und Eis die Abendsonne.

27. April -Fahrt durch die Balagne und Quartierwechsel
Zwischen Calvi und L'lle-Rousse erstreckt sich die liebliche Hügellandschaft der Balagne. Auch diese Gartenlandschaft ist in der Vergangenheit vor Fluktuation nicht verschont geblieben. Erfreulicherweise lassen sich aber hier in jüngster Zeit Aussteiger, Individualisten und Künstler nieder und lassen die alten malerischen Bergdörfer im neuen Glanz erscheinen.
Corbara, Pigna und Muro, um nur einige Orte zu nennen die wir zu Fuß erkunden, sind allemal ein Besuch wert. Am Ortsausgang von Feliceto besuchen wir am Mittag eine alte Ölmühle mit kleinem Schankraum: "Osteria U-Mulinu". In dem alten Gemäuer wird gerade der Natursteinboden geschrubbt und Gäste scheinen nicht im Haus zu sein. Als wir der Madame erklären, dass wir gerne zu Mittag essen möchten, fährt sie eilends mit dem Auto davon um den Patron zu holen. Kurz darauf erscheint sie mit Joseph Ambrosini, dem Besitzer der Mühle. 
Es gibt nur ein "Menü", aber das hat es in sich. Monsieur Ambrosini verarbeitet nur einheimische Produkte. Es gibt reichlich Schinken, Wurst, Pastete und Käse. Wein so viel man will ist im Preis von 15 € mit drin. Monsieur Ambrosini ist ein echter Korse. Mit im Preis ist auch seine Einmannschau mit Gesang, Musik und reichlich Brüderschaft trinken. Da geht die Post ab!
Um nicht total zu versacken, sagen wir bald Herrn Ambrosini ade und steuern unser nächstes Quartier in Corte an.

28. April - Corte, Lac de Melo - Lac de Capitello
Corte liegt im zentalen Kaorsika und war von 1755 - 1769 Hauptstadt der unabhängigen Insel. Corti, wie die Stadt auf korsisch heißt, hat knapp 6.000 Einwohner. Hier erwarten uns zwei der berühmtesten Täler der Insel: das Restonicatal, an dessen Anfang wir wohnen und das autofreie Tavignanotal. Etwas weiter entfernt das Golo- und Ascotal. Corte ist der ideale Stützpunkt für Bergwanderer und Bergsteiger.
Ausgangspunkt unsere Bergtour ist die Bergerie de Grotelle im hinteren Restonicatal. Der Weg ist gut markiert und steigt zumeist bequem bergan. Einige Kletterstellen sind durch Stahlleitern entschärft. Allerdings macht uns der zunehmende Schnee einige Mühe. Der Melosee auf 1711 m Höhe ist noch schneebedeckt und der weitere Anstieg zum Capitellosee (1930 m)geht über eine geschlossene Schneedecke. Vor uns die prächtige Felskulisse des Pointe des Sept Lacs und des Capu a i Sorbi. Kein Bergsee Korsikas ist derart dramatisch von 2000er Felstürmen und Schneefeldern - selbst noch im Hochsommer - eingefasst wie der Capitellosee, der von vielen als der schönste der Insel bezeichnet wird. 
Das steile und schneebedeckte Gelände macht einen Aufstieg der Gruppe zum GR20, der hier in luftiger Höhe zur Bocca a Soglia (2052 m) verläuft, ziemlich gefährlich. Auf der gegenüberliegenden Talseite grüßt der in reichlich Schnee gehüllte Monte Rotondo (2622 m). Die Besteigung dieses Berges war in den nächsten Tage geplant. Sowohl die Besteigung des Monte Rotondo als auch der Anstieg zum GR20 fallen den Schneeverhältnissen zum Opfer. Wir entschließen uns auf gleichem Weg ins Tal abzusteigen. 
Als wir unsere Autos erreichen, ist noch genügend Zeit um nach Corte zu fahren und einen Stadtbummel zu unternehmen. Die Oberstadt mit Zitadelle ist sehenswert. Auf dem Place Paoli lassen wir uns in einem Straßencafe nieder und genießen bei Cappucinoi und Grappa den schönen Abend.

29. April - Pont de Frasseta - Refuge de Sega - Tavignanotal
Von der Brücke de Frasseta im Restonicatal liegen 800 HM Aufstieg vor uns. Die rote Markierung weist uns den Weg. Er führt zunächst in weiten Schleifen durch den bald lichter werdenden Kiefernwald empor. Ginster, Lavendel und Meeresnelken mischen sich in die Vegetation. Bald öffnet sich der Blick auf das mit Gipfeln umsäumte Ende des Restonicatales. Auch die schneebedeckte Felskanzel des Rotondo erhebt sich hinter den vorgelagerten Bergkämmen.
In Serpentinen geht es auf einen Höhenrücken. Der teils befestigte Pfad ist auch ohne Markierung eindeutig. Nachdem wir zwei kleine Bachläufe überquert haben erreichen wir die Bergeries de Cappellaccia (1650 m). 
Wir sind begeistert von den originellen Steinhütten der Alm, die sich teilweise festungsähnlich in kleine Felsburgen hineinschmiegen. Wir sind am höchsten Punkt des weitläufigen Hochplateaus von Alzo und genießen einen grandiosen Rundblick, der vom Rotondo im Süden über die Punta Artica und die Paglia Orba bis zum Cinto im Norden reicht.
Nach einer kurzen Pause wenden wir uns auf dem Pfad die Hochebene hinab. Über Almmatten, vorbei an der Alm d'Alzo und dem Forsthaus von Alzo, gehts dann im Kiefernwald im Zick-Zack steil bergab ins Tavignanotal. Nach einem mühevollen Abstieg erreichen wir die Sega-Hütte. Die Hütte liegt am Weitwanderweg Mara a Mare Nord. Vor der Hütte ist emsiges Treiben der Wanderer, die sich hier für die Nacht einrichten. Die Hütte ist unbewirtschaftet, ein kühles Bier bleibt uns versagt und das heiße und schwüle Wetter zehrt an unseren Kräften. Auf und ab führt uns der Weg durch das teilweise enge und autolose Tavignanotal. 
Unser Tourenleiter verspricht uns in den Gumpen des Tavignano eine "Badepause", sobald wir die Hängebrücke, die den Tavignano überspannt, erreichen. Doch die im Wanderführer angegebene Zeit wird weit überschritten. Der Pfad im Tavignanotal zieht sich wie "Kaugummi". Wanderer, die uns entgegen kommen, fluchen. Als wir endlich die Hängebrücke erreichen, erreicht auch unsere Moral ein Tief. Statt der Badepause wird nur eine kurze Rast gemacht und vor lauter "Frust" werden dicke Steine in frische Kuhfladen geworfen (das spritzt so schön!).
Bis Corte sind noch mindestens 2 Stunden Fußmarsch zu absolvieren. Das Tal wird jetzt weiter und bald ist die Zitadelle von Corte zu sehen. Der Rest des Weges wird meist schweigend abgelaufen. Als wir endlich nach 19.00 Uhr am Hotel eintreffen, liegt ein Gewaltmarsch von 9 Stunden hinter uns. Beim Abendessen unterhält uns ein Gitarrentrio mit korsischer Folklore.

30. April - Fahrt mit der Eisenbahn nach Ajaccio
Korsika hat mehr zu bieten als Erinnerungen an die Römer, Napoleon und den Zweiten Weltkrieg. Weit in die Vergangenheit zurück reichen die Spuren früherer Kulturen. Man findet auf Korsika Steinkistengräber und Menhirstatuen. Die Torreaner besetzten um 1600 v. Chr. den Süden. Die Griechen ließen sich an der Ostküste nieder. Dann wollten die Römer den Korsen ihre Lebensweise aufzwingen. Die Vandalen eroberten 456 n. Chr. Korsika und wurden später von den Byzantinern vertrieben. Es kamen die Goten, wieder die Byzantiner, die Franzosen, die Korsika den Papst anvertrauten. 
Um 1450 übernahm Genua die Herrschaft über die Insel. Vergeblich versuchten 1550 die Franzosen Korsika in ihrem Machtbereich einzugliedern. 1730 riefen die Korsen die Unabhängigkeit aus. Die Österreicher mischten sich ein. Erneute Trennung von Genua und 1735 riefen die Korsen ein zweites Mal ihre Unabhängigkeit aus. In ihrer Not wandten sich die Korsen an Frankreich. Aber Frankreich half Genua. 
Doch die Korsen kämpften tapfer weiter. Eine Republik wurde ausgerufen und in Corte eine Universität gegründet. Mit soviel Unabhängigkeitsdrang wurde Genua nicht fertig und verkaufte die Insel an Frankreich. Genua war die Schulden und Probleme los, Frankreich hat beides noch heute.
Ajaccio, die Hauptstadt Korsikas ist unser heutiges Ziel.
Von Bastia im Norden, über Ponte Leccia, Corte und Venaco führt eine der grandiosesten Bahnstrecken Europas nach Ajaccio. Diese Schmalspurbahn, in Landessprache "Micheline" genannt, ist für Eisenbahnfans ein Muss. Für uns das rechte Verkehrsmittel, um in die Inselhauptstadt zu gelangen.
In Corte am Bahnhof wird der Fahrplan studiert und zum Gruppentarif die Billets erworben. Ca. 100 Fahrgäste, größtenteils Wanderer, warten auf die Bahn. Längst nicht mehr wird der Zug von einem Rauch und Dampf speienden "feurigen Elias" gezogen. Wir besteigen einen fast überfüllten Dieseltriebzug. 
In Corte hat das Gefährt bereits 400 Höhenmeter überwunden. Wackelnd und schüttelnd geht es zeitweise mit 25 km/h bergan. Hinter Venaco "donnert" Micheline über das von Herrn Eiffel erbaute Viadukt. Es folgen Brücke - Tunnel, Tunnel - Brücke. Die Ausblicke auf die schneebedeckten Gipfel werden immer imposanter. In Vizzavona hat die Bahn mit 915 m ihren höchsten Punkt erreicht. Von nun an geht es bis Ajaccio abwärts. Für den Zug gilt die Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h. Entsprechend oft gibt es tosende Bremsgeräusche. In Ajaccio angekommen, hat Micheline 32 Tunnels durchfahren und max. 3% Steigung überwunden.
Ajaccio mit seinen 50.000 Einwohnern ist die quirlige Hauptstadt an der Südwestküste. Elsbeth übernimmt die kulturelle Führung der Gruppe. Sie führt uns durch die mittelalterliche Altstadt. Das Farbenspiel der Häuserfassaden - in ocker, orange und gelb - verhelfen der Stadt zu ihrem südländischen Flair. Elsbeth erläutert uns zahlreiche Kirchenbauten, Museen und Denkmäler. Korsikas Geschichte wird lebendig - hier wurde Napoleon geboren.
Nach "geballter" Kultur und reichlich Sonne sind wir froh, in eines der zahlreichen Straßenrestaurants am Hafen Durst und Hunger zu stillen.
Auf der 2stündige Heimreise entwickelt sich kein rechtes Gespräch, auf jeden wirken noch die Erlebnisse des Tages.

1. Mai - Haut Asco (1422 m) - A Muvrella (2148 m)
Die A Muvrella ist berühmt für ihren grandiosen Ausblick auf die Gipfelwelt rund um den Monte Cinto sowie die Bucht von Calvi. Allerdings darf diese beliebte Unternehmung keineswegs unterschätzt werden - sie beschert uns neben einen ausgesprochen steilen, anstrengenden Anstieg ein manchmal unangenehm luftiges "Klettervergnügen".
Korsika bietet viel Schönes, man sollte aber vor einigen "Schandflecken" nicht die Augen verschließen. Neben der gelegentlichen Autoentsorgung auf korsisch - die Gefährte am Straßenrand verrotten lassen oder in eine der zahlreichen Schluchten hinabstürzen - gibt es hier im oberen Ascotal, wo unsere Bergtour beginnt, ein weiteres Beispiel. Ein aufgegebener Schilift, die für große Touristenströme erbaute Talstation mit zugehöriger Infrastruktur wird dem Verfall preisgegeben. Kein schöner Anblick.
Unsere Gruppe zählt heute 9 Teilnehmer. Zunächst geht es auf dem GR 20 zu einem Kiefernwäldchen. Nun windet sich der Pfad in Serpentinen den Bergwald hinauf und erreicht bald eine ungemütliche, von Felsen und Geröll beladene steile Schlucht. Mühsam stampfen und stemmen wir uns auf der linken Seite der Schlucht empor. Bald liegt im Grund eine geschlossenen Schneedecke. Beängstigend steil ist der weitere Anstieg im Schnee. Mit 7 Leuten wagen wir uns in die Spur. Glücklicherweise können wir nach ca. 100 Metern Steilanstieg im Schnee nach rechts in offenes Felsgelände ausweichen. In leichter Kletterei erreichen wir die "Breche de Stagnu" auf fast 2000 m Höhe. Der Rund- und Tiefblick ist atemberaubend. Den Anstieg zum nahen Gipfel ersparen wir uns; wir steigen auf gleichem Weg zu unseren im Schnee wartenden Kameradinnen ab. Gemeinsam geht es abwärts zur Refuge de Stagnu, wo der Rest der Gruppe auf uns wartet.
Am späten Nachmittag sind wir wieder in unserem Hotel im Restonicatal. Auf der Terrasse lassen wir mit einem Pietra den Tag ausklingen.

2. Mai - Quartierwechsel nach Quenza
Von Corte aus fahren wir zunächst auf der N193 bis Venaco. Nun steuert unser Konvoi auf Nebenstraßen Richtung Süden. Die Straße führt größtenteils durch Bergwald. Die Autolenker müssen darauf achten, keinen "Schweinebraten" zu produzieren. Auch auf den Bergpässen machen wir Bekanntschaft mit den freien Nutztieren Korsikas. Die korsischen Schweine sind eine Mischung zwischen Wild- und Hausschwein. Sie sind so etwas wie ein Symbol der Freiheit Korsikas. Sie laufen frei herum wie Schafe und Ziegen, Kühe und Pferde, Esel, Maulesel und Hunde. Und doch gehören sie irgend einen Korsen. Auf dem Pass Col de la Vaccia hat Hildegard Angst um ihre Finger und Mühe eine schwarze Sau mit ihren Ferkeln loszuwerden, der sie von ihrem Proviant zu fressen angeboten hat.
Am Mittag erreichen wir Quenza. Es ist ein kleines verschlafenes Bergdorf im Südosten Korsikas. Hier herrscht ausgeprägte Ruhe. Wir quartieren uns im einzigen Hotel des Dorfes ein. Der Patron serviert kein "Lunch". Also fallen wir in den nahegelegenen Dorfladen ein und kaufen Lebensmittel. Auf dem Dorfplatz halten wir mit Baguette, Schafskäse, Wurst und Getränken Picknick. 
Der Rest des Tages wird individuell gestaltet: ich "hau mich aufs Bett".

3. Mai - Bavella Turm III
Quenza ist bei Wanderern und Schilangläufern gleichermaßen beliebt. Die nahen Bavellatürme werden oft als die korsischen Dolomiten bezeichnet. Heute wollen wir den Turm III (Punta di a Vacca) besteigen.
Vom Bavellapass wenden wir uns den GR 20 zu. Kurz darauf folgen wir der alpinen Variante des GR 20 - ein strammer Anstieg! Zum Col de l'Oiseau, der Scharte vor Turm I, wird uns einer der malerischsten Anstiege der Insel geboten. Durch eine grandiose Szenerie aus windzerzausten Kiefern, bizarren Felstürmchen und Geröllfeldern erreichen wir die Scharte (1588 m) vor Turm I. Uns bietet sich ein schöner Ausblick auf die kommenden Türme und die Südgruppe der Bavella. Ein Teil der Gruppe bleibt auf dem Pass. 
Jenseits der Scharte führt der Pfad hinab zur Felswand des ersten Turmes. An den Felsen entlang queren wir zum Fuß von Turm II. Dabei müssen wir einen unangenehmen, stark geneigten Plattenschuss hinunterklettern. Nachdem wir auch den Felsaufbau des dritten Turmes umgangen sind, befinden wir uns auf dem Sattel zwischen Turm III und IV. Steinmännchen weisen uns den Weg und nach leichter Kletterei stehen wir auf Turm III (1611 m). Wir genießen die einzigartige Atmosphäre der Berglandschaft und den Blick auf die Ostküste.
Beim Rückweg treffen wir wieder auf den Rest der Gruppe. Gemeinsam steigen wir zum Bavellapass ab. 
Es ist noch früher Nachmittag, die Hälfte unserer Wanderer entschließt sich, auf der Südseite des Passes einen weiteren Gipfel zu besteigen. Auf gutem Weg wandern wir leicht ansteigend durch den Bergwald. Bald erreichen wir den "Trou de la Bombe", ein schwer zugängliches Felsenloch. Und nach einem kleinen "Verfranser" und etwas Kletterei stehen wir auf einen Gipfel: Punta Velaco (1483 m) oder Prontoire (1420 m) oder keiner von beiden? Uns ist es egal, wir hatten unseren Kick. Bald sind wir wieder am Pass und treten die Rückfahrt an.
Im Hotel werden wir am Abend mit einem vorzüglichem Menü überrascht: "Caille en crapaudine finement farcie", gefüllte Wachteln werden zum Hauptgang serviert. 
Zum Tagesausklang gibt es auf Karins und Herberts Zimmer Pietra. Das Flaschenbier liegt bereits seit einigen Stunden zur Kühlung im wassergefüllten Bidet.

4. Mai - Die Südspitze Korsikas: Bonifacio
Auf der Fahrt gen Süden wird von Helmut eine Kurzwanderung angeordnet. Am Ospedále-Stausee wandern wir zur Cascade de Piscia di Gallo, dem "Hahnenpiss". Eine halbe Stunde schlendern wir sanft bergab. Dann stehen wir vor dem aus einer steilen Felswand stürzenden Wasserfall. Zum Bassin führt eine steile, glitschige Rinne. Nur die Mutigsten von uns klettern dort hinab.
Ganz im Süden, auf einer Halbinsel, steht das malerische Städtchen Bonifacio. Es wurde 833 vom toskanischen Markgrafen Bonifacio gegründet. 
Am Hafen chartert unsere Gruppe ein Boot. Auf dem Wasser umrunden wir die Halbinsel. Auf der Seeseite erheben sich 60 Meter hohe, wellengepeitschte Kreideklippen. An dessen oberen, äußeren Zipfel krallen sich Haus neben Haus der Haute Ville, ein imposanter Anblick. Nach der "Bötchenfahrt" mischen wir uns unter den Touristenscharen, die im Sommer Bonifacio heimsuchen! Die Oberstadt mit ihren engen Gassen und die Festung werden besichtigt. Und in eines der zahlreichen Hafencafes sind wir bei Cappuccino und Kaffee wieder alle beisammen.
Auf der Rückfahrt machen wir in Sarténe Halt. Die Altstadt hat enge, verwinkelte Gassen und einen wunderschönen Marktplatz. Hier lassen wir uns die Abendsonne ins Gesicht scheinen und warten, bis Souvenirs und Mitbringsel eingekauft sind um die Heimfahrt anzutreten.
Zum Tagesausklang gibt es auf Jörris Zimmer wieder bidetgekühltes Flaschenbier und witzige Anekdoten.

5. Mai - Spelunca-Schlucht und Quartierwechsel nach Porto
Am Morgen wird nach reichlich Rechnerei die gemeinsame Rechnung der letzten Tage bezahlt. Der "Patron" verabschiedet uns aus Quenza mit 3 Flaschen Wein als Wegzehrung.
"Kein Tag ohne Wanderung!". Das scheint das Motto unseres Tourenleiters zu sein. Unsere Fahrt nach Porto führt zunächst in das Dorf Evisa. Hier ist der Beginn des Wanderweges durch die Spelunca-Schlucht. 620 Höhenmeter steigen wir bei angeregten Erzählungen abwärts bis zur Ponte Vecciu, der Straßenbrücke über den Riv. de Porto. Hier erwarten uns die Autolenker mit den Autos. Der Weg durch die Schlucht war schweißtreibend aber nicht spektakulär: aber Hauptsache die Bande ist abends müde!
In Porto finden wir am Abend ein schönes Restaurant in Hafennähe, wo wir unsere Tageserlebnisse austauschen und das Abendessen einnehmen.

6. Mai - Zur Badebucht von Girolata
Porto und die Region herum wird von der UNESCO in der Liste des Weltkulturerbes geführt. Porto ist eine große, von der Natur geschaffene Szenerie, die nicht mit ihren Reizen geizt. Auf roten, ins Meer ragenden Felsen steht der quadratische Genuesenturm, der wie ein Posten seit Jahrhunderten das Meer beobachtet. Von Porto aus habe ich die schönsten Sonnenuntergänge beobachtet.
Im Norden öffnet sich der Golf von Girolata, der nur zu Fuß oder über das Meer erreichbar ist.
Auf der Passhöhe Col de la Croix beginnt unsere Wanderung. Ein besonders sonniger und heißer Tag kündigt sich an. Zunächst geht es 270 Höhenmeter abwärts zur ersten Meeresbucht. Am liebsten möchten wir uns schon hier im Meer erfrischen. Aber unser Tourenleiter "treibt" uns weiter. 300 Meter aufwärts, 300 Meter abwärts! Schweißüberströmt fallen wir in der Bucht von Girolata in den Sand. Erst nach einigen Minuten der Erholung können wir unser Badezeug anlegen und uns im Meer "regenerieren". Aber dann sind wir wieder putzmunter. Und außerdem gibt es hier eine Restauration!! 
An den Rückweg denkt noch keiner, aber der wird zur Tortur: 600 Meter steigen bei über 30 Grad Hitze und hoher Luftfeuchte.
Die Rückfahrt können wir erst antreten, als wir uns im Kiosk am Pass mit ausreichend Cola und Wasser "vollaufen" lassen. Zu allem Übermut schlägt Helmut noch eine Abendwanderung durch die Calanche de Piana vor. Nach heftigem Murren wird nur ein "Notprogramm Calanche" absolviert: Von der Fahrstraße und vom Auto aus erfreuen wir uns an eine erstaunliche Felslandschaft aus Granit, deren Skulpturen aus dem Grün der Macchia aufragen und in der Abendsonne Farben von orange bis rot annehmen. Wir entdecken die "Taffoni" - natürliche Aushöhlungen, die von ihrer Struktur an Fabeltiere erinnern.
Schon obligatorisch trinken wir am Abend vor dem Hotel unser Pietra, die "Schrecken" des Tages sind vergessen!

7. Mai - Capo Roso - Tour de Turghiu
Unsere letzte Wanderung führt uns zu den 300 Meter senkrecht ins Meer abfallenden Klippen beim Genuesenturm Turghiu. Vom Parkplatz nahe bei Piana wandern wir los, immer unser Ziel im Blickfeld. Es geht sanft bergab, bis wir uns nach einer Stunde am Fuße eines Felsaufschwungs befinden. Der Genuesenturm, der von hier aus nicht sichtbar ist, steht auf diesem roten, durchlöcherten Felskoloss. Eine prächtige, begrünte Rinne zieht von oben herab. Es bereitet Vergnügen durch die Felsen hier aufzusteigen. Später weisen Steinmännchen im plattigen und blockigen Gelände zum Ziel. Vorsichtig nähern wir uns dem Klippenrand und hören aus der Tiefe die Brandung des Meeres. Nach Besteigung des Turmes klettern und wandern wir auf gleichem Weg zu unseren Autos. 
Bevor wir nach Porto zurückkehren, statten einige noch dem herrlichen Plage d'Arone einen Besuch ab.
Am Nachmittag werden in Porto die restlichen Mitbringsel und Souvenirs eingekauft und die Koffer gepackt.
Nach einigen "Fehlversuchen" an den Vortagen erhalten Hildegard und Elsbeth im Restaurant ihre heißersehnte Pizza "Calzone"
Der Tagesausklang findet auf dem Zimmer von Hildegard und Elsbeth statt; die restlichen Alkoholvorräte werden vernichtet.

8. Mai - Au revoir Corse
Wir haben Fauna, Flora und Kultur kennen gelernt. Nun heißt es Abschied nehmen vom Gebirge im Meer, von der Welt der Lämmergeier und Moufflons, von der Balagne und verwinkelten Gassen.
Hinter uns liegen in jeder Hinsicht 14 heitere, sonnige Tage. Unser Dank gilt unserem Tourenleiter Helmut!
Auf der Fahrt zum Flughafen kommt uns auf der engen Küstenstraße ein Bus entgegen: mit eingeklappten Außenspiegeln leisten die Autolenker nochmals Millimeterarbeit. Ansonsten ist an diesem Tag auf den Straßen wenig Betrieb. Der 8. Mai ist in Frankreich Feiertag und soll an das Jahr 1945 erinnern.
In Bastia checken wir ein und besteigen den Flieger:

Au revoir Corse!

Mai 2003


Web-Seiten:
Die offizielle Korsika-Seite
Die Seite des Korsika-Nationalparks
Die Wanderung 2001
Ein weiterer Wanderbericht

No Altitude
Trackstatistik: 
0.00Km

Standort

Standort:
Korsika
Frankreich
42° 8' 60" N, 9° 4' 59.9988" E